Tour de France

Es war mal wieder einer dieser Tage, wo man nicht Aufstehen sollte. Der Regen prasselte gegen mein Hotelfenster und da ich den Zimmerkühlschrank um einige Flaschen erleichtert hatte, brummte mir der Schädel. Ein wenig nur, aber immerhin. Dann musste ich auch noch zur falschen Seite hin aus dem Bett steigen, weil an meiner normalen Ausstiegsseite eine Wand stand. Ich hätte gleich liegen bleiben sollen. Ich putzte mir mit dem restlichen Whisky die Zähne und versuchte dann ein Frühstück im Magen zu behalten.

Die Anzeichen für den Tagesablauf waren also schlecht. Sollten auch nicht besser werden. Als freier Radsportjournalist ist man der Sklave einiger hochbezahlter Redakteure., die aufgrund ihrer gesicherten Stellung meinen, dass sie einen permanent in den Arsch treten dürften. Dabei werden sie jedem Morgen von ihren Chefredakteur gnadenlos ausgepeitscht und geben den Druck einfach nur weiter. Für mich heißt das, dass meine Fotos dauernd in den Mülleimer geworfen werden. Mit hämischen Bemerkungen wie:  “Zuviel Landschaft drauf. Oder geh doch näher ran!”

Sind sie schon mal an einem Radsportler nach dem Rennen näher dran gewesen? Nachdem er 5 Stunden durch Matsch und Regen gefahren ist. Da gehen sie lieber nicht näher ran. Und ein gutes Supertele kann ich mir zur Zeit nicht leisten. Bei dem Entgelt für die Fotos. Die Redaktionen sind immer noch auf dem Stand von 1935 und glauben, ich würde mit den Fahrrad anreisen, im Zelt übernachten und die mitgebrachten Butterbrote aufzehren. Whisky und so was existiert für die nur in der redaktionsinternen Hausbar.

Doch ich war abhängig und hatte den Auftrag, heute ein paar Fotos von der Etappe der Tour France abzuliefern. Die Tour ist die größte Rundfahrt der Welt. Oder sagen wir, die Bekannteste. Manche Redakteure kennen nur die. Also begab ich mich zum Ziel der heutigen Etappe und dann war erstaunt, dass man die Installationen gerade abbaute. 

“Ist die Tour zu Ende?” fragte ich einen der Arbeiter. Doch der erklärte mir dann im höflichen für mich ziemlich unverständlichen französischen Dialekt, dass gestern der Einlauf war. Heute sei Ruhetag und so hätte man das Ziel erst heute abbauen müssen und nicht am selben Abend, wie üblich. Endlich mal ausschlafen.

Des einen Freud. Ich verfluchte mich und meine Nachlässigkeit. Hatte aus reiner Schlampigkeit die Tage verwechselt. Jetzt würde es nichts mit den Fotos und dem Honorar. Ich war mal wieder pleite.

Während ich so sinnierte, wo ich denn heute mein Zelt aufbauen sollte, hielt neben mir ein buntbemaltes Auto. Die Werbung und die Aufschriften signalisierten jeden Polizisten: Achtung, Durchlassen, Teamfahrzeug.

Aus dem Auto stieg eine Frau im eleganten brauen Lederkostüm mit hohen Stiefeln. Ich erkannte gleich den Typ Pressefrau. Trotzdem sprach ich sie an. ” Gnädige Frau, sie haben wunderschöne Augen.”

Sie kannte den Spruch wohl und wollte schon durch mich hindurchgehen. Doch als ich dann noch hinzufügte: “Und die sind nun wirklich das Häßlichste an Ihnen,” musste sie lachen.

Ich nutzte die Gelegenheit und lud sie spontan zu einem Espresso  ein. Vielleicht war der Tag doch nicht so schlecht.

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