Die Krankheit namens Radsport

Ich bin mir nicht ganz sicher, wann mich der Virus befallen hat. War es ein Donnerstag im Mai. Oder war es irgendein ein anderer Scheiß Tag? Ich weiß es ehrlich nicht mehr. Anderen geht es sicherlich genauso. 

Wenigstens sitze ich nicht in so einem engen Kostüm auf einen Ding, was manche noch Fahrrad nennen. Was aber in der Realität eher einem Formel 1 Rennwagen gleicht.

Dabei hat alles so gut angefangen. Ich war ein normaler Langstreckenläufer. Ziemlich erfolglos auf den Marathondistanzen. Aber glücklich. Bis ich die ganz langen Kanten für mich entdeckte und glaubte, nur glücklich zu sein, wenn ich jede Woche im Jahr 4 Marathons  im Training laufen konnte und dazu ein par Zwanziger.

Das hat der der Körper rund 30 Jahre lang ausgehalten. Dann musste ich mich nach einer anderen Beschäftigung umsehen. Aber warum gerade Radsport? 

Natürlich konnte ich und wollte ich mich selber nicht auf dem Rennrad sehen. Statt dessen erwischte es mich irgendwann mal  am Straßenrand. Ich stand eigentlich nur doof rum und die Jungs waren in 10 Sekunden an mir vorbeigerollt. Doch der Virus war hängengeblieben. Pech gehabt.

Anderen geht es vermutlich genauso. Man fuhr als Kind mal ein wenig auf dem Dreirad und schon erwischte es einen. Zack und man war im im Zirkus ganz unten auf dem Trapez. Die Eltern fuhren einem zu Rennen und irgendwann mal konnte man nicht mehr anders. Der Virus hatte einen befallen und man dachte, normale Arbeit oder Studium ist Scheiße. Besser wäre es, wenn man den ganzen Tag mit dem Fahrrad rumgondelt und dafür auch noch Geld bekommt. Win win also.

Wenn da nicht die Chefdoper gewesen wären. Die haben einen jungen Mann vor 20 Jahren gesagt. Hey, ohne dope ist nichts los und wenn du bei die Leut sein willst, dann musste dir das alles reinziehen. Viele haben es gemacht. Auch das ist die Krankheit Radsport.

Die Journalisten haben natürlich zugesehen und geschwiegen. Die liebe Radsportfamilie. Wer wird denn schon die Camorra verpfeifen. Aber dann wurde das Leck zu groß. Man musste schnell weglaufen und aus  der Ferne mit Steinen schmeißen. Aus den lieben Jungs wurden Verbrecher und die wahren Schuldigen blieben mal wieder im Nebel verschollen. Auch das ist die Krankheit namens Radsport.

Dann gibt es noch die wahren Fans. Ernsthafte Patienten. Die eine Kategorie kauft sich die leichtesten Profiräder, die es auf dem Markt gibt. Jedes Gramm weniger Gewicht wird in Gold aufgewogen und steht zu den 20  oder 30 Kg Übergewicht in Korrelation. Manche zahlen das ihr Leben lang ab, andere nehmen es einfach aus der Portokasse. Dazu hat man sich in die engen Trikots der jeweiligen Lieblingsmannschaft gepresst. Manche Fans erinnern da stark an die bunte Michelinmännchen. Man fährt mit den Rädern vorzugsweise auf die steilen Bergpässe, wartet auf die Jungs und ihre Fahrzeugkolonne, jubelt wie wild und rollt danach wieder ins Tal.

Andere Fans machen es sich gemütlicher. Sie nehmen sich einen Klappstuhl. Fahren morgens , 6 oder 7 Stunden vor dem Rennen an die Strecke und harren der Dinge die da nun kommen werden. Zunächst kommen da noch andere Verrückte vorbei. Wenn sich die Gleichgesinnten  erkennen, jubelt man sich gegenseitig zu.

Letztendlich gibt es noch die Firmenchefs, Werbemanager und sonstiges zahlendes Volk. Dieser Teil der Fans hält den Zirkus am Leben. Ohne die Sponsorengelder würde die Show nicht laufen. Jedenfalls nicht so. Stirbt so ein Monarch und sind die Erben der Ansicht, dass man mit dem Geld etwas sinnvolleres tun könnte, zum Beispiel sich 20 Ferraris kaufen oder den einen oder anderen Rembrandt, dann hat der Radsport wieder einen lukrativen Patienten verloren. Aber nur dann.

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